Auf dieser Seite finden Sie aktuelle Beiträge und Fotos unseres Filmprojekts. Wir sind jetzt seit Mitte Februar in Ecuador und bemühen uns regelmäßig zu schreiben. Über Kommentare und Reaktionen freuen wir uns besonders.

Viel Spaß beim Lesen und Blättern wünschen, Felix und Florian



Blog vom

Freitag, 9. Mai 2008 / 21:48 Uhr

Liebe Freunde des deutsch-ecuadorianischen Dokumentarfilms

Wir wissen nicht, wie euch so die Zeit ohne uns vorkam. Drei Monate ohne Felix und Flo. Hier ging sie wahnsinnig schnell rum. Drei Monate in Ecuador, in einem fremden Land, mit lauter bunten, immer neuen Eindrücken, da kann man eigentlich gar nicht zum Nachdenken kommen (Ganz so stimmt das jetzt auch nicht, wir haben schon nachgedacht).
Die Tage in der Klinik und außerhalb, auf Märkten und Dschungelexpeditionen, in Kanus und auf Pferderücken waren einfach zu kurz. Und schließlich haben drei Monate auch nur 13 Wochenenden und was sind schon 13 Wochenenden, das ist ja wohl gar nichts, na also.

Trotzdem soll erwähnt sein, dass in dieser Zeit 36 Stunden Filmmaterial bespielt wurden. 36 Stunden gehen auf genau 36 Kassetten und damit wurde nicht einmal ein Fünftel des von Felix georderten Materials bespielt, was Florian jeden Tag aufs Neue zu zynischen Bemerkungen verleitet. Das übrige Material liegt ungeöffnet in seinem Kleiderschrank und wird hoffentlich auch so wieder in Deutschland ankommen, nicht im Kleiderschrank, aber zumindest ungeöffnet.
Florian wird sich bereits am Donnerstag dieser Woche mit dem Bus auf den beschwerlichen und holprigen Weg zur Hauptstadt im Norden des Landes machen und schließlich am kommenden Dienstag in Quito abheben. Wenn Ihr, liebe Leser nun diese Zeilen lest, schwebt Florian wahrscheinlich gerade mit einem eisgekühlten Tonic Water in der Hand, tief in den Flugzeugsessel gekuschelt der treuen Heimat entgegen. Felix hingegen wird mit Mila seine 2 Monate andauernde Forschungsreise in den Süden des Kontinents fortsetzen und schließlich im Juli in den Heimathafen einkehren.

Die letzten Wochen haben wir in unserem kleinen Büro den Endspurt durchgezogen. Es gab schließlich noch einiges zu klären, bevor sich die beiden Gefährten auf bestimmte Zeit trennen sollten. So wurde beispielsweise der bevorstehende Relaunch der Website, wie man in Medienkreisen sagt, besprochen. In Kürze werden die inhaltlichen Änderungen und Weiterentwicklungen unserer Filmidee, die wir am eigenen Körper hier miterlebt haben, auch in Worten und Bildern auf unserer Homepage nachzuschlagen sein. Das klingt jetzt alles ein wenig Spanisch für euch...? Wir halten euch auf dem Laufenden. Nur so viel: Wie am Anfang unseres Projekts vermutet ist in Guadalupe eine große Welle von Eindrücken und Überraschungen auf uns niedergeschlagen, die uns dazu gezwungen hat, einige Ideen über Bord zu werfen und alte Pläne zu überdenken. Wir kommen mit einer anderen Vorstellung nach Hause, als diejenige, die wir vor 3 Monaten von dort mitgenommen haben. Aber wir sind mit unseren Entscheidungen zufrieden und hoffen, dass es die richtigen waren.
Damit Florian daheim bei der weiteren Sponsorensuche nicht mit leeren Händen klingeln muss, haben wir einen kleinen Trailer zusammengestellt, der eine Idee von unserem film vermitteln soll. Dieser wird selbstverständlich auch auf unserer Webseite zu sehen sein.



  



Das letzte Wochenende blieben wir in Guadalupe. Nicht nur, weil es das letzte Wochenende hier sein sollte, sondern auch, weil das jährliche Dorffest, zu ehren des Heiligen Kreuzes (Santa Cruz) für allerlei Spektakel sorgte. Schlechtes Wetter und anhaltender regen konnten die Stimmung der Einwohner nicht trüben. Mila ging am Freitagabend stolz den Ablaufplan des Festlichkeiten durch, um die Highlights nicht zu verpassen. Ein Ablaufplan. Ein Ablaufplan ist hier ungefähr so viel wert wie ein leeres Blatt. Nicht einmal die Busse fahren unseres Wissens nach Ablaufplan. Beziehungsweise, sie tun es schon, aber dann gibt es halt stündliche Busse zur vollen Stunde, die aber jeweils eine halbe Stunde zu früh oder zu spät kommen können und dann ist es auch egal, wann du zur Haltestelle gehst. T.I.E. – This is Ecuador. Und so sollte uns auch am Wochenende der Ablaufplan nicht weiterhelfen. Das Frauenfußballtunier fand schließlich vor dem Männerfußball statt. Die Ecuavolleyballmanschaft (Eine Sportart, dem Beachvolleyball verwand, nur das man den Ball für kurze Zeit in den Händen halten darf; trotzdem sehr schnell und aufregend) stand zwei Stunden eher auf dem Platz und als wir uns gerade Tomaten und Schokoriegel kaufen wollten, startete das Pferderennen im Ort. In vollem Galopp rasten die Reiter auf ihren Tieren durch die schlammigen Straßen des Ortes. Nicht allen Reitern, vielleicht auch nicht allen Pferden war der genaue Verlauf der Rennstrecke klar, und so war man eigentlich in keiner Straße sicher. Gerade noch rechtzeitig kamen wir zum Start des Hunderennens an. Ziel des Spiels: Den Hund an einer Leine über eine Distanz von 3 Runden á 400 Metern ins Ziel zu bringen. Problem des Spiels: Alle Hunde hier sind wilde, gefährliche, tollwütige Straßenhunde und haben noch nie in ihrem Leben eine Leine gesehen. Gefahr des Spiels: Groß. Florian hatte sich entschlossen, an diesem Spektakel mit einem besonders gefährlichen Hund teilzunehmen. Aus einer Wäscheleine wurde schnell ein provisorisches Halsband inklusive Hundleine geflickt und auf Los ging es Los. Das Gegröle der Menge am Start und Zieleinlauf war ohrenbetäubend. Felix hatte sich mit der Kamera dort positioniert, um den Einlauf des Athleten zu filmen. Doch der ließ auf sich warten. Nachdem der Hund sich zweimal von seiner Leine befreite und wieder eingefangen wurde, gelang es Florian in der zweiten Runde nicht mehr den Hund von der Rennidee zu überzeugen. Nach anderthalb Runden war Schluss. Zum Glück hatte Felix nicht gewettet.

Der krönende Abschluss war der große Ball am Abend. Dieser fand mitten auf der unasphaltierten Hauptstraße des Dorfes statt, die nach einem Wochenende voller Regen natürlich auch dementsprechend aussah. Die Tanzfläche war also in eine einzigen großen Schlammpfütze. Und während wir vorher vorsorglich Gummistiefel und unsere schlechteste Kleidung anzogen, hatte sich das gesamte Dorf ausnahmslos schick gemacht. Die besten Sonntagskleider wurden von der Leine geholt um diesem Fest beizuwohnen. Alles war geschminkt und aufgedonnert. Wir kamen uns mit unseren Gummistiefeln schon etwas verloren vor. Das steigerte sich noch, als wir alle aufgrund unserer ungelenken europäischen Tanzbewegungen ausgelacht wurden. Spätestens aber als der DJ für uns „Moskau“ von Dschingis Khan spielte waren wir wieder voll in die Tanzorgie integriert. Und nachdem wir erschöpft gegen ein Uhr nachts aufgeben mussten tanzte das Dorf noch bis in die frühen Morgenstunden kurz bevor es in die Kirche ging.

Das hätten wir niemals durchgehalten. Schon allein weil wir am nächsten Tag eine ganz besondere Wanderung geplant hatten. Schon vor einiger Zeit hatte man uns darauf aufmerksam gemacht, dass sich ganz in der Nähe drei der wunderbarsten Wasserfälle der Gegend befinden würden. Und das konnten wir uns dann ja schlecht entgehen lassen. Wir versuchten uns also ein wenige von den Strapazen der Tanznacht auszuruhen, um Energie für den Weg zu sparen. Zunächst einmal suchten wir uns einen Führer, der uns den Weg erklären sollte. Das war unser geringstes Problem an diesem Tag. Nun ist aber ein Führer in Ecuador, sowie der Käse hier nicht wirklich Käse und Ablaufpläne nicht wirklich Ablaufpläne sind, kein wirklicher Führer. Mit vollkommenem Unverständnis über unsere plumpen und ungeschickten Bewegungen auf dem unwegsamen Gelände entschwand uns der Leitwolf ein ums andere Mal. So kam es auch schon mal vor, dass wir den verkehrten Weg nahmen und nur durch ein entferntes Pfeifen von ihm wieder die richtige Richtung einschlugen. Nach einem beschwerlichen Aufstieg bekamen wir dafür aber auch einen atemberaubenden Ausblick geboten. Direkt uns gegenüber stürzte sich ein vielleicht 70 Meter hoher Wasserfall in das Tal. Nachdem wir mehrer Minuten damit verbrachten, ob dieser unglaublichen Schönheit, nur zu schweigen, war klar: Da mussten wir hin. Mit jedem Schritt wurde es kälter und als wir bei dem Wasserfall ankamen waren wir schon vollständig durchnässt. Die gewaltigen Wassermassen, die auf der Erde aufschlugen zerprassten in feine Wassertropfen. Und die dabei entstehenden Winde erinnerten an das Landen eines Hubschraubers. Und da wir ohnehin schon vollkommen nass waren, ließen wir uns eine kurze, erfrischende Dusche nicht nehmen. Unter den eigentlichen Wasserfall allerdings schafften wir es nicht. Die Wasserkraft war einfach zu stark. Jetzt erst begann der beschwerliche Weg unserer Reise. Für uns ging es flussabwärts. Und das Ganze tatsächlich in dem eigentlichen Fluss. Auf versteckten Felsen unter der Wasseroberfläche springend, bis zur Brust im Wasser watend und an Lianen hängend, lotste uns der Führer den Gebirgsbach runter ins Tal. Pünktlich bei Einbruch der Dunkelheit erreichten wir das Dorf und waren überglücklich, als uns nach fünf ratlosen Minuten ein Bus mitnahm. Zwar mussten wir etwas mehr Geld im Bus bezahlen, da man unsere Kleidung kaum unter dem Schlamm erkannte, kamen dafür aber sicher zu Hause an. Das war ein gelungenes letztes Abenteuer.

Die letzten Stunden in Guadalupe sind angebrochen. Wir haben unsere Arbeit am letzten Tag beendet und für das von uns veranstaltete grosse Pizzawettessen im Ort eingekauft. Die beiden letzten mühsam aufgesparten Dosen Tomatenmark werden wohl dabei draufgehen. Zwar hat es heute den ganzen Tag geregnet, aber wir hoffen trotzdem, dass Florian bei seiner Weiterreise nicht durch Schlammlawinen aufgehalten wird.

Jetzt wird es Zeit Abschied zu nehmen. Die Zeit in Ecuador war wunderschön. Wir haben viele interessante Menschen kennengelernt, haben eine andere Kultur miterlebt, ganz nebenbei unser Spanisch verbessert und umfangreiche Einblicke in die medizinische Arbeit einer Klinik erhalten. Wir nehmen viele neue Erfahrungen mit nach Hause und sind sehr froh uns für dieses Abenteuer entschieden zu haben. Wenn nun noch der Film beim Publikum landet können wir nur zufrieden sein.

Bis bald. Felix und Flo



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Ronaldo Emmerico am 18. 6. 2008 um 10:37
Wo bleibt der Film, mann?!

krake. am 21. 5. 2008 um 12:40
wow. die spannenden und aufregenden Abenteuer und Berichte werden mir in den einsamen Mittagspausen ganz bestimmt fehlen. weiterhin viel Spaß und bis bald...

Gudrun am 18. 5. 2008 um 18:02
Das ist ein wunderschöner Abschlussbericht - ich hab fast selbst das Gefühl, einen vertrauten Ort zu verlassen. Da eure Berichte schon wie Kino sind, wie wird erst der Film???